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Vom Fallen und wieder Aufstehen


Heute war ich auf einem meiner Lieblingstrails laufen. Das 1000er Stegli in Aarburg hoch, und den Grat entlang. Warum auch immer, hatte ich heute die ganze Zeit den Gedanken daran, was wäre wenn ich jetzt stürzen würde. Das hatte ich sonst nie.


Dazu muss man wissen, ich nutze die Zeit am Samstag morgen, in der mein Sohn trainiert, immer für Trainingsläufe. Und wenn er fertig ist, dann erwartet er mich natürlich auch. Bzw. ist auf mich angewiesen. Er ist ja erst 11 und muss irgendwie, idealerweise mit mir, wieder nach Hause kommen. Das heisst, ich stehe unter einem gewissen Druck, rechtzeitig und wohlbehalten zurück zu kommen.


Anfangs lief heute alles wie immer, klar war ich ein wenig geschwächt von einer Erkältung (ja, ich weiss, dann sollte man gar nicht trainieren, aber es war heute sowieso nur aktive Regeneration angesagt) und gestern bin ich ja auch nicht einfach auf der Coach gesessen, aber dafür war‘s doch schön heute! Und spätestens auf dem Grat war ich dann richtig im Flow. Aber immer mit einem Gedanken an den Sturz.


Am Anfang lief alles super

Tja, und dann passierte es. Auf einer Downhill-Passage übersah ich eine Wurzel und ich fiel. Im ersten Moment nach dem Aufstehen tat mir mein Bein höllisch weh und ich befürchtete schon was schlimmeres. Dann sah ich es mir aber an, nahm mein Desinfektionsspray aus dem Rucksack und fing an die Wunden zu desinfizieren (Ja, ich habe immer ein Desinfektionsspray und ein Eisspray mit dabei). Und dann lies der Schmerz auch wieder nach und ich konnte die restlichen 6 Kilometer zurücklaufen und rechtzeitig zurückkommen. Ende der Geschichte. Zumindest fast, denn:


Im Nachgang war die gesamte Erfahrung eine sehr interessante. Aus zwei Blickwinkeln. Erstens, der Sturz selbst. Denn ich fragte mich: Bin ich gefallen weil ich daran gedacht habe oder hatte ich den Gedanken daran aus einer Vorahnung heraus oder war es gar purer Zufall, dass ich fiel, nachdem ich drüber nachdachte. Und zweitens, was war nach dem Sturz. Sollte ich in Zukunft einfach sagen, Trailrunning ist gefährlich, also lasse ich es? Oder sollte ich Downhills meiden? Oder einfach aufstehen und weitermachen. Und geht das überhaupt? Und welche Parallelen lassen sich zum Abnehmen ziehen?


Self fulfilling?

Es gibt ja den Begriff der "Self fulfilling prophecy" - der selbst erfüllenden Prophezeiung. Wer es nicht kennt, darunter versteht man eine Vorhersage, die ihre Erfüllung in Zukunft selbst bewirkt. Also etwas einfacher ausgedrückt: ich fiel einfach deshalb hin, weil ich darüber nachdachte. Macht ja auch Sinn. Denn in dem ich darüber grübelte was wohl wäre wenn, konzentrierte ich mich nicht mehr so, wie es die teilweise sehr technische Passage erfordert hätte. Gerade bei Downhills ist ja absolute Konzentration gefragt. Ablenkungen können sich da schnell rächen. Und so kam eines zum anderen und ich fiel. Ganz einfach, oder? Damit hatte sich eine ursprünglich undenkbare Situation (ich falle hin) durch mein darüber nachdenken manifestiert. Ich hatte also von Anfang an recht darüber zu grübeln, denn ich würde hinfallen.


Also hätte ich nicht darüber nachgedacht zu fallen, sondern hätte ich mich voll auf's Laufen konzentriert, dann wäre ich auch nicht gefallen.


Das ist interessant, denn wenn es so gewesen wäre, dann würde es doch bedeuten, dass ich mit der Veränderung meiner Gedanken meine Zukunft sozusagen selbst steuern könnte!

Ein toller Gedanke.


Aber schauen wir schnell noch einmal die anderen Möglichkeiten an. Denn neben der "selbst erfüllenden Prophezeiung" hätte es doch einfach auch so sein können dass ich einfach müde war und deshalb stürzte. Das läge durchaus im Bereich des möglichen. Jedoch war ich schon so manches mal müde, sehr viel müder, und da waren Downhills auch kein grosses Problem. Und noch viel wichtiger: Ich dachte dort nicht schon im Vorfeld immer daran hinzufallen. Nein, ich glaube "Müdigkeit" alleine erklärt den Sturz nicht. Das ist übrigens auch der Grund warum ich nicht einfach an einen Zufall, einen Unfall, glaube. Denn das Grübeln, schon beim Loslaufen, war dieses mal anders.


Bleibt noch die dritte Möglichkeit: Der Sturz war für mich vorhergesehen. Ein weiss gekleideter älterer Herr mit langem weissen Bart irgendwo in einer Paralleldimension hat in ein grosses schwarzes Buch geschrieben:"Am 30.04.2022 um 10:15 wird Christian über eine Wurzel stolpern und hinfallen". Aber leider glaube ich an derlei esoterischen Blödsinn nicht, und so scheidet das auch als Möglichkeit für mich aus. Sorry, weiss gekleideter älterer Herr mit langem weissen Bart.


So bleibt als wahrscheinliche Lösung tatsächlich, dass ich mit meinen eigenen negativen Gedanken den Sturz selbst provozierte. Und tatsächlich gibt es sogar eine Studie, in der nachgewiesen wurde, dass die Angst vor Stürzen bei (älteren) Menschen dazu führt, dass sie häufiger stürzen [https://www.bmj.com/content/341/bmj.c4165.full].


Nicht das ich mich jetzt als „älter“ im Sinne der Studie bezeichnen würde, aber ich denke das betrifft alle Altersgruppen gleichermassen. Und ist bemerkenswert, oder nicht?

Im Umkehrschluss würde das also bedeuten, dass ich, hätte ich nicht darüber nachgedacht, wie oben schon beschrieben, auch nicht gefallen wäre.


##Ja, und was hat das jetzt mit Abnehmen zu tun?

Eine ganze Menge! Denn wäre es nicht spannend, wenn wir diese Möglichkeit auch für die Gewichtsreduktion benutzen könnten?


Genau das habe ich auch damals, unbewusst, gemacht! Denn indem ich mir, nach meiner Diagnose, immer wieder sagte: Du schaffst das, Du kannst das, das bekommst Du auch ohne Hilfe und ohne Medikamente hin, hatte ich die positive Situation geschaffen, in der ich mit einer "selbst erfüllenden Prophezeiung" meine Zukunft selbst bestimmt hatte.


Und dass es funktioniert konnte ich ja selbst miterleben.


Das nächste Mal

Beim nächsten Mal auf den Trails, und dazu komme ich noch, werde ich also keinen Gedanken mehr an das "was wäre wenn" verschwenden, sondern mir kurz zwar den Gedanken daran erlauben und auch Vorkehrungen treffen falls ich wirklich ein Problem bekommen würde - ich wäre ein schlechter Vater wenn ich es nicht machen würde - aber dann sofort die negativen Gedanken ausblenden und statt dessen ein positives Umfeld schaffen, in dem ich keine Stürze mehr prophezeie und damit einen tatsächlichen Sturz provoziere.


Und das gleich mache ich auch in Bezug auf mein Körpergewicht. Natürlich lasse ich den Gedanken zu was wohl wäre wenn ich (ich habe ja schon abgenommen, also ist die Ausgangssituation wohl ein wenig anders als bei einem übergewichtigen Menschen) wieder zunehmen würde. Dann vertraue ich aber wieder auf meine selbst auferlegten Regeln und verwandle damit den negativen Gedanken:"Du nimmst wieder zu" in den positiven Gedanken "meine Regeln funktionieren für mich, ich mache alles richtig, kein Problem".


Wenn Deine Situation die ist, dass Du übergewichtig bist und abnehmen möchtest dann solltest Du das gleiche machen. Mach aus:"Ich schaffe das nicht abzunehmen" ein "Ich kann das, ich schaffe das, ich mache das!". Das alleine ist zwar noch keine Erfolgsgarantie, aber ein wesentlicher Bestandteil davon.


Aufstehen, Krone richten, weitermachen, oder doch nicht?

So ein Sturz ist saublöd. Du fällst hin, schlägst Dir das Knie auf, hast Schmerzen, blutest, stehst mitten auf einem Grat und musst irgendwie, das ist Dir bewusst, nach Hause kommen.


Muss ich das haben? Nein. Muss ich nicht. Und deswegen lasse ich es in Zukunft. Blödes Trialrunning. Nichts als Schmerzen. Als wenn das alles nicht schon anstrengend genug wäre. Dann muss ich jetzt auch noch mit Schmerzen nach Hause humpeln. So was dämliches, nein, aber auch.


Könnte ich sagen.


Oder ich sage mir ganz einfach dass das halt jetzt passiert ist, und das es einfach dazu gehört, zu fallen.


Und es gibt da diesen Spruch, woher er kommt weiss ich nicht. Aber er lautet so ungefähr:"Es ist keine Schande hinzufallen. Aber dann liegen zu bleiben sehr wohl".


Papi, warum machst Du das?

Und das ist genau der Kern der Sache. Du wirst selbstverständlich niemals hinfallen wenn Du Dich nicht in die Situation begibst in der potentiell die Möglichkeit besteht, dass Du hinfällst. Aber nur zu Hause auf der Couch sitzen ist doch auch keine spannende Zukunftsvision, oder?


Mein Sohn hat mich heute gefragt warum ich das mache. Warum ich laufe, denn ich könnte dann ja hinfallen und mir weh tun, so wie heute". Meine Antwort war:"Ja, das ist so. Wenn ich laufe, dann kann ich hinfallen und mir wehtun. Und wenn das passiert, dann lernst Du etwas dabei. Du lernst dabei, dass Du danach wieder aufstehen kannst. Dass in den meisten Fällen "Hinfallen" gar nicht so schlimm ist (ja, natürlich gibt es auch „schlimmes“ hinfallen, aber das ist ein anderes Thema). Und in Zukunft wirst Du dann keine Angst mehr vor dem Fallen haben, weil Du genau das weisst."


Ja, und was hilft mir das beim Abnehmen?

Viel! Denn genau so ist es auch beim Abnehmen. Du startest, Du hast einen Rückschlag und Du machst aber weiter. Weil Du lernst das Du weitermachen kannst. Dass "hinfallen" nunmal dazu gehört. Du schmeisst nicht gleich alles hin nur weil Du ein paar Mal über eine Wurzel am Boden stolperst.


PIZZA!

Beim Gewicht verlieren ist es eben nicht die Wurzel am Boden, die das Problem darstellt, sondern die Pizza im Kühlschrank. Du stolperst nicht über die Wurzel und schlägst Dir das Knie auf, sondern über die Pizza und isst zu viel. Zu viel Energie, die Dein Körper dann wieder dummerweise als Fettdepots zwischen speichert. Aber Du kannst danach wieder "aufstehen". Und im Falle der Pizza bedeutet das ganz konkret dass Du Deinem Körper zwar zu viel Energie zugeführt hast, aber dass Du danach einfach keine weitere Energie mehr zuführst, also nicht mehr isst, bis sich Dein Körper mit einem Hungergefühl zurückmeldet. Und wenn Du kein Hungergefühl hast, dann schlag einfach auf meine Regel "mindestens vier Stunden Pause zwischen den Mahlzeiten" ein- bis zwei Stunden drauf (es kommt nicht auf die Minute an) und halte Dich daran. Und beim nächsten Mal weisst Du: Ich kann die Pizza im Kühlschrank essen, kein Problem, aber danach hat mein Körper genug Energie um 10 Stunden ohne weitere Energie auszukommen. Also muss ich auch nichts essen.


Jetzt können wir natürlich noch darüber diskutieren ob die Pizza im Kühlschrank gesund ist und meinen anderen beiden Regeln entspricht, also ob die Pizza möglichst natürlich ist, oder keinen Zucker hat - aber das ist eine andere Diskussion. Einigen wir uns darauf dass die Pizza zumindest selbst gemacht wurde.


Werde ich also weiter laufen?


Ja klar! Schaut euch doch das Bild an! Das werde ich mir doch nicht entgehen lassen! Ich werde weiterhin auf den Trails rocken. Natürlich mache ich das! Von so einem kleinen Sturz lasse ich mich nicht aufhalten. Und wenn ich nochmals stürzte dann werde ich wieder aufstehen und wieder, und wieder, und wieder. Wichtig ist nur vorbereitet zu sein. Und deswegen bin ich heute Nachmittag gleich wieder in die Apotheke und habe mir ein neues Desinfektionsspray geholt. Das alte habe ich heute verbraucht. :-)


Und Du?

Wie ist es bei Dir? Bist Du auch schon "hingefallen"? Wie ist Deine Erfahrung dazu? Bist Du danach gleich wieder "aufgestanden" oder "liegen geblieben"?


Schreibe es doch in die Kommentare, ich bin schon gespannt!


Liebe Grüsse,

Euer Christian





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