Weihnachten ging vorüber. Fotos wurden gemacht. Nichts veränderte sich, aber, und das ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ich hatte in der Weihnachtszeit den Grundstein für die drei Regeln gelegt.
Während der Weihnachtseinkäufe nämlich stolperte ich über ein Buch mit dem Titel "Der Ernährungskompass". Und da mich dieses Thema natürlich sehr interessierte kaufte ich das Buch und legte es neben mein Bett mit dem Vorsatz es zu lesen. Dort lag es dann auch erst einmal, bis ich an den Weihnachtsfeiertagen endlich die Muse und die Zeit fand es vom Nachttisch ins Wohnzimmer zu bringen und ich es zu lesen began. Und ich las es an diesem Tag zu Ende!
Es gibt einige Gegebenheiten die einem in Erinnerung bleiben. Und das Lesen dieses Buches gehört definitiv dazu. Die Erklärungen waren so einleuchtend und so stimmig das ich mit einem Mal das Gefühl hatte zu wissen, was zu tun wäre. Aber der Auslöser fehlte noch. Und der folgte ein paar Wochen später.
Ich ahnte ja krank zu sein, ich fühlte mich überhaupt nicht gut, ich hatte so komisch schwarze "Äste" in den Augen und ich konnte kaum gehen, schon 500m waren zu viel - ich wusste, es musste sich etwas ändern. Und so ging ich nach den Weihnachtsfeiertagen ins Internet und fing an mich nach Möglichkeiten zu erkundigen Gewicht zu verlieren.
Habt ihr das einmal gemacht? Es ist faszinierend mit welchem Schwachsinn manche Menschen versuchen einem das Blaue vom Himmel zu versprechen. Hier wird jene Wunderpille angepriesen, dort jenes Zaubertränklein und dann noch die ganzen Diät-Gurus. Es ist schier unglaublich was es dort alles gibt. Und es ärgert mich. Denn diesen ganzen Schnick-Schnack braucht es nicht - denn der führt zwar zum Abnehmen, aber nur vom Geldbeutel - und sonst nichts. Zumindest auf Dauer. Abnehmen braucht keine Wundermittel. Im Gegenteil, diese Wundermittel führen meines Erachtens nach nur dazu dass man irgendwann einmal anfängt neben der Wundermittel wieder normal zu essen und damit die doppelte Energie zu sich nimmt.
Nein, es musste auf jeden Fall seriös (keine Wunderpillen oder Wundertränke) und keine Diät sein und es sollte ohne chirurgischen Eingriff gehen. Und so kam ich ans Spital Zofingen.
Dort wurde mir ein Programm zurechtgeschnitten (das ich als sehr gut erachte!) welches aus drei Säulen bestand:
Ernährungsberatung
Körperwahrnehmungs-Therapie
Adipositas-Psychotherapie
Die ersten Termin fanden statt und es stand eine erste gesundheitliche Beurteilung auf dem Plan. Mir wurde Blut genommen und ein körperlicher Check durchgeführt. Soweit alles OK.
Und dann kam der 30.01.2019.
Die Diagnose
Es stand die Eintrittsuntersuchung an. Ich kam an, sass im Wartezimmer und ich bekam meine Akte mit der Bitte um Übergabe an den Arzt. Ich öffnete die Akte und began zu lesen. Und jedes Wort schmerzte. Schwere Adipositas, Bluthochdruck, Hormonhaushalt gestört, Alkohol-Missbrauch....dort wurde ein Bild von mir gezeichnet das ich selbst nie sehen wollte. Aber jetzt stand es dort schwarz auf weiss.
Schon einigermassen geschockt ging ich in das Behandlungszimmer und ein jüngerer Arzt empfing mich dort. Wir nahmen Platz und er fing an das Dossier durchzublättern.
Anfangs noch frohen Mutes, blätterte er, und blätterte und blätterte und murmelte vor sich hin:"Hm...alles OK soweit...sieht nicht schlecht aus...Blutdruck zu hoch...zu viel Alkohol...." und dann "Ah, nein, Sie haben ja Diabetes!". Und da war es. Das Schreckgespenst, vor dem ich schon lange Angst hatte. Vor dem mich viele gewarnt hatten. Von dem ich ahnte, dass es mich betreffen würde. Diabetes. Nein, das war jetzt kein Spass mehr. Das war jetzt bitterer Ernst. Ich war krank. Schwarz auf Weiss. Und plötzlich machte alles Sinn. Meine körperlichen Beschwerden, die schwarzen Flecke die ich auf einmal in den Augen hatte, der Nachtschweiss...
An den Rest des Gesprächs kann ich mich kaum erinnern. In Gedanken war ich nur noch dabei meine Möglichkeiten durchzugehen. Und da gab es nicht mehr viele. Ich musste Gewicht verlieren. Das war klar. Nur wie?
Der junge Arzt machte das was Ärzte nunmal machen: Er fing an die Symptome zu behandeln. Ich bekam ein Rezept für Diabetes-Tabletten.
Ich stieg in mein Auto und fuhr nach Hause.
Die Fahrt über war ich wie in Trance. Gefangen in dem Gefühl endlich etwas machen zu müssen und aber keine Ahnung zu haben wie ich den "verdammt noch mal" es jemals schaffen sollte - ja ich war richtig sauer auf mich selbst. Weil ich mich in diese Lage gebracht hatte. Schlimmer noch, meine Familie, meine beiden Jungs. Was für ein schlechtes Vorbild ich doch war, ging mir noch durch den Kopf. Und verzweifelt. Weil ich nicht wusste wie ich es schaffen würde. Wie oft hatte ich schon versucht abzunehmen. Wie oft hatte ich schon kleine Erfolge und genauso oft wurden diese Erfolge sehr schnell wieder zunichte gemacht. Ich lies einen Schrei los.
Dann kam ich nach Hause voller Scham und erzählte niemanden etwas von dem was gerade passierte. Ich hätte nicht gewusst wie ich es meiner Familie erklären sollte. Ich nahm das Rezept vom Arzt und las es mir durch. Irgendwelche Tabletten. Die Diabetes war noch nicht weit fortgeschritten - also nur eine kleine Dosis, aber immerhin.
Und dann geschah etwas sehr interessantes. Ich zerfloss gerade so richtig in meinem Selbstmitleid, als ich plötzlich zu mir selbst sagte:"Und mit mir nicht!". Ich nahm das Rezept für die Tabletten und zerriss es. Ich würde diese Tabletten nicht brauchen. Als nächstes kündigte ich die Behandlung im Spital. Nicht weil ich die Behandlung nicht gut fand, im Gegenteil, aber mir persönlich war sie zu wenig praktikabel. Ich brauchte etwas was jeden Tag, jede Minute, für mich funktioniert. Nicht nur an speziellen Terminen - nein, ich musste mein Leben umkrempeln. Und dazu musste ich mich selbst motivieren.
Zugegeben, das hätte auch nach hinten losgehen können - aber ich hatte plötzlich die Gewissheit ich würde es schaffen.
Die Entstehung der 3 Regeln
Aus dieser Gewissheit heraus schien für mich auf einmal sonnenklar was ich zu tun hätte. Ich kann es nicht anders beschreiben als damit, dass offensichtlich durch diese Diagnose etwas aktiviert wurde, ein Schock sozusagen, der mich wachrüttelte. Das klingt jetzt sehr esoterisch, zugegeben, aber im Grunde lässt sich das relativ einfach erklären. Das "Wissen" was zu tun wäre war da und auch der Denkprozess lief ja sicher schon eine ganze Weile - ein paar Jahre, um genau zu sein, denn "Abnehmen" war ja schon immer ein Thema für mich. Jetzt brauchte es nur noch einen Trigger. Und der kam in Form dieser Diagnose.
Für mich war klar: Um abzunehmen müsste ich etwas Verändern. Abnehmen kommt nicht umsonst. Aber, und das war auch klar, es müsste angenehm genug sein um es ein Leben lang durchzuhalten. Denn das muss jedem Abnehmwilligen bewusst sein: Was immer Du tust um abzunehmen, Du musste es Dein Leben lang durchhalten. Kehrst Du zu alten Verhaltensmustern zurück, wirst Du sehr schnell wieder zunehmen. Machst Du eine Diät, wirst Du spätestens dann wieder zunehmen wenn Du anfängst nicht mehr so zu essen wie es die Diät vorschreibt. Mehr noch, Du wirst wahrscheinlich noch mehr zunehmen. Dazu gibt es mittlerweile viele Studien. (Siehe beispielsweise hier)
Das gilt dann übrigens auch für Operationen. Denn auch hier muss das persönliche Verhalten angepasst werden um nicht wieder in alte Muster zurückzufallen und wieder zuzunehmen mit teils dramatischen Folgen! Ganz zu schweigen von den Medikamenten, die nach einem solchen Eingriff einzunehmen wären! Mittlerweile kenne ich persönlich einige Fälle die nicht besonders gut ausgingen. Ich bin kein Fan von diesen Operationen.
Die Prämisse war also für mich, einen Weg zu finden mein Verhalten anzupassen und so zu essen dass es mir schmeckt, das ich pappsatt werde - und trotzdem damit abnehme.
Warum 3 Regeln?
In der Psychologie gibt es einen interessanten Effekt der mit der "magischen Zahl 7" beschrieben wird. Dieses Prinzip, dass durch viele Experimente mittlerweile genügend dargelegt wurde, beschreibt, dass das menschliche Gehirn Informationen nur mit einer bestimmten Kapazität verarbeiten kann. Und diese Spanne wird als 7 plus/minus 2 Chunks angegeben. Vereinfacht ausgedrückt, kann der Mensch ca. 7 Informationsteile (Chunks) in seinem Kurzzeitgedächtnis speichern. In Experimenten wurde nachgewiesen, dass alles darüber hinaus nicht mehr fehlerfrei wiedergegeben werden kann. Eine interessante Einführung in das Thema gibt es hier.
Und was hat das mit den drei Regeln zu tun? Sehr viel! Denn diese magische 7 macht klar, dass die Entscheidung zu essen und vor allem WAS (so sie denn nicht auf dem natürlichen "Hungergefühl" basiert - was vielen Dicken Menschen ja abhanden gekommen ist) von maximal sieben "Informationsstücken" überprüft werden darf - alles andere wäre für die Entscheidungsfindung zu viel Information und würde sehr wahrscheinlich nicht auf Dauer funktionieren.
Also setzte ich mich an meinen Schreibtisch und entwickelte sieben Regeln um mich besser ernähren. Voller Tatendrang schritt ich Abends zur Tat und wollte zu Abend essen. Ich fing an: Regel 1: Check, Regel 2: Check, Regel 3: Check, Regel 4: Was war jetzt nochmals schnell die Regel vier? Es funktioniert nicht. Und es dauerte auch viel zu lange. Ich brauchte eine viel praktikablere Lösung, denn was wäre, wenn ich Essen gehen "müsste". Mit Geschäftspartnern, beispielsweise. Wie überprüfe ich ob und was ich essen kann! Ich kann im Restaurant nicht erst die Nährwert-Tabelle verlangen, abgesehen davon dass die wenigstens Restaurants wahrscheinlich sagen können welchen Nährwert dessen Speisen haben, schon alleine aus sozialen Gründen wäre das nicht machbar. Man stelle sich vor man trifft sich zum Geschäftsessen und ich würde zunächst anfangen die Speisekarte nach Dingen zu analysieren welche ich essen darf und welche nicht!
Ich merkte ziemlich schnell: Nach drei "Checks" war die Luft raus. Mehr als "drei Checks" verträgt es nicht.
Also komprimierte ich die vormals sieben Regeln auf nur drei und siehe da: Es funktionierte. Beim nächsten Mal konnte ich die drei Regeln erfolgreich anwenden. Meine drei Regeln waren "geboren".
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